Die zeitgemäße Form der Videoüberwachung: IP-Kameras
Vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Einbruchsdelikte in Büro- und Lagerräume sowie private Haushalte ist auch die Nachfrage nach effizienter
Überwachungstechnik gewachsen. In den vergangenen Jahren wurde die analoge Videotechnik von digitalen
Kameras genauso revolutioniert wie durch die Netzwerktechnik – mit dem Ergebnis „IP-Kameras“. Dabei handelt es sich um Kameras, die um einige Funktionalitäten eines PCs erweitert wurden. Wichtiges Detail ist die eigene IP-Adresse, mit der die Kameras in einem bestehenden Netzwerk (LAN oder WLAN) lokalisiert und adressiert werden können. Die Vorteile, die sich aus dieser Überwachungsarchitektur ergeben, sind neben der höheren Bildqualität (HD) die Standortunabhängigkeit des Beobachters, die Möglichkeit der einfachen Administration sowie die zahlreichen Funktionalitäten wie PoE (
Power over Ethernet) , ePTZ, I/O-Kommunikation oder Duplex-Verfahren.
Einsatzgebiete und Anwendungsbereiche
IP-Kameras sind inzwischen der Standard für Videoüberwachung für Betriebe, bei der Verkehrsüberwachung, im öffentlichen Raum sowie in Privathaushalten und kommen in nahezu allen Bereichen professioneller und privater Videoüberwachung zum Einsatz. Allerdings stellen die unterschiedlichen Überwachungssituationen verschiedene Anforderungen an die Kameras. So können weitläufige Areale wie Betriebsgelände, Park- oder Lagerplätze sehr gut mit entsprechenden Wide-Range, Outdoor oder PTZ (Pan, Tilt, Zoom)-Kameras überwacht werden. Innenbereiche wie Laden- und Verkaufsflächen oder auch private Überwachungssituationen („Was macht der Hund, wenn man nicht zu Hause ist?“) stellen hingegen eher Ansprüche an ein kompaktes und unauffälliges Design oder Vollduplex-Funktionalitäten.
So arbeitet eine IP-Kamera
Grundsätzlich arbeitet – was die Aufnahme von Bildern betrifft – eine IP-Kamera ähnlich einer konventionellen Videokamera. Ein CCD-/CMOS-Sensor übersetzt die Lichtsignale in elektrische Signale, die wiederum digital gewandelt und so an das Ethernet weitergegeben werden. Die Größe des Sensors hat Einfluss auf die Auflösungsqualität (je größer der Sensor, desto höher die erreichbare Auflösung), aber auch auf den Preis (je größer der Sensor, desto höher der Preis). Inzwischen hat sich im professionellen und privaten Umfeld der HD-Standard durchgesetzt, der von vielen IP-Kameras problemlos erfüllt wird, einige Kameras ermöglichen sogar noch höhere Auflösungen bis zu 2592 x 1944 Pixeln (Standbild).
Der große Unterschied von IP-Kameras zu konventionellen CCTV-Kameras besteht in ihrer Netzwerkfähigkeit. Denn Netzwerkkameras bieten nicht nur die Funktionalitäten einer Kamera, sondern auch die eines Computers. Dieser Computer macht nicht nur eine Adressierung im Netzwerk möglich, sondern regelt auch die Digitalisierung, Komprimierung und die Verteilung der Videodaten und tritt im Netz auch als FTP- bzw. E-Mail-Client auf. Die aufgezeichneten Bilder können also von der Kamera selbstständig – zum Beispiel an ein
Smartphone – versendet werden. Das macht vor allem dann Sinn, wenn die Kamera ihre Aufzeichnungen eventgesteuert vornimmt, also bspw. nur dann aufzeichnet, wenn sie über einen Bewegungsmelder oder eine Alarmanlage den entsprechenden Aufnahmebefehl erhalten hat.
Die Installation einer IP-Kamera
Netzwerkkameras benötigen keine kostspielige Infrastruktur, sondern können ohne größeren Installationsaufwand in jedem LAN per Switch bzw. WLAN (bei entsprechender WLAN-Fähigkeit der Kamera) angemeldet werden. In der Regel liegt jeder Kamera entsprechende Installationssoftware bei, die bei der Einrichtung und Administration der Kamera hilft. Einige Kameras haben die Software bereits integriert und werden vollständig über den Webbrowser verwaltet. Teilweise können mit der Software auch mehrere Kameras gleichzeitig administriert werden, was den Verwaltungsaufwand nochmals erheblich reduziert. Die Stromversorgung wird über ein
Netzteil sichergestellt. Sollte kein Stromanschluss in der Nähe der Kamera verfügbar sein (etwa bei Outdoor-Anwendungen oder exponierten Standorten), empfehlt sich eine IP-Kamera mit PoE-Funktionalität. Dabei wird der Strom direkt über das Ethernetkabel geleitet.
Integriert wird die IP-Kamera über einen herkömmlichen
RJ45-Anschluss. Softwareseitig werden alle gängigen Netzwerkprotokolle unterstützt. Ist die Kamera mit eigenem Webserver ausgestattet (was in der Regel der Fall ist), kann das Bildmaterial von jedem Webbrowser an jedem beliebigen Standort abgerufen und betrachtet werden. Soll der Videostream aufgezeichnet werden, kann das prinzipiell auf jedem PC geschehen, auf dem die entsprechende Steuersoftware installiert wurde. Besser geeignet und zudem sicherer sind jedoch spezielle Netzwerkrekorder (
NAS-Server). Für eine kurzzeitige Datenspeicherung oder die Sicherung des Materials bei Verbindungsausfall verfügen einige professionelle Modelle auch über eine Slot für
SD- oder CF-Karten.
LAN oder WLAN?
Sie werden feststellen, dass IP-Kameras für professionelle Anwendungen (Betrieb, Lagerplätze, Verkehr, öffentlicher Raum etc.) selten über eine WLAN-Funktionalität verfügen. Aus Sicherheitsgründen raten Experten in diesen Anwendungsumgebungen von der drahtlosen Datenübertragung ab – und zwar weniger wegen eines möglichen Abgriffs der Datenströme durch Unbefugte, sondern vielmehr wegen der Empfindlichkeit drahtloser Netzwerke gegenüber Störquellen bzw. Störsendern. Für die Anwendung im Heimbereich sind WLAN-fähige IP-Kameras jedoch eine attraktive und vor allem komfortable Alternative.
Für große Überwachungsbereiche: PTZ und Auto-Tracking
Viele IP-Kameras werden starr montiert und können daher nur einen festen Winkel überblicken. Zwar ist dieser in den meisten Fällen ausreichend groß, sollen jedoch große Areale, eventuell sogar 360°-Umgebungen überwacht werden, bieten sich PTZ-Kameras (Pan, Tilt, Zoom ) an, die über eine eigene Steuerelektronik verfügen, mit der sich die Kamera frei drehen, schwenken bzw. zoomen lässt. Zusätzlichen Gewinn erfährt diese Technik durch das Auto-Tracking, das die Nachverfolgung sich bewegender Objekte ermöglicht.
Licht- und Sichtverhältnisse
Viele Netzwerkkameras liefern bereits ab einer Beleuchtungsstärke von einem halben Lux ausreichend verwertbares Bildmaterial. Für Nachtbeobachtungen empfehlen sich dennoch IP-Kameras mit Infrarotfunktion, die auch bei völliger Dunkelheit zuverlässig arbeiten. Diese Modelle sind dank der integrierten Infrarot-LEDs nachtsichtfähig und schalten bei ausreichend Licht automatisch wieder in den Tageslichtmodus. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Funktionalitäten (etwa Wide Dynamic Range, automatisierter Weißabgleich, automatische Blendensteuerung, Bewegungsmelder), die zur Optimierung der Bildqualität und zum Nutzungskomfort beitragen.
Aufzeichnungsformate und Auflösungen
Die Standbilder werden von IP-Kameras überwiegend im JPEG-Format übermittelt. Bei den Videostreams kann der Nutzer entscheiden, welches Format für seine Anwendungsumgebung am besten geeignet ist. Moderne IP-Kameras bieten neben der datenintensiven MJPEG-Komprimierung in der Regel auch die Komprimierung mit dem MPEG-4-Codec sowie dem inzwischen weit verbreiteten H.264-Codec. Prinzipiell sind der Auflösung von Netzwerkkameras keine Grenzen gesetzt, die meisten IP-Kameras liefern ihr Bildmaterial problemlos in FullHD und sogar darüber hinaus. Begrenzt wird die Auflösung vielmehr durch die verfügbare Bandbreite im LAN oder WLAN – vor allem dann, wenn das Bildmaterial mehrerer Kameras hochauflösend übermittelt werden soll. Generell empfiehlt sich dann die H.264.-Kompression, die den Datenstream auf ein bandbreitenfreundliches Maß heruntercodiert.
Sprich über die Kamera: Duplex
Einige Netzwerkkameras sind mit einer sog. Duplexfunktion ausgestattet, die eine Audiokommunikation über die Kamera ermöglichen. Zu unterscheiden ist hier Half-Duplex, bei der das Audio-Signal nur in eine Richtung gesendet werden kann (entweder sprechen oder hören) und Full-Duplex, die eine gleichzeitige Kommunikation in beide Richtungen ermöglicht. Ist die Kamera mit einer Simplex-Funktionalität ausgestattet, ist entweder nur Hören oder nur Sprechen möglich. Zu beachten ist, dass das Abhören von Audio-Quellen im öffentlichen Bereich in Deutschland verboten ist. In den eigenen vier Wänden kann die Audio-Funktion aber durchaus sinnvoll – etwa bei der Babyüberwachung – eingesetzt werden.