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Nachhaltig & kostenbewusst – was der öffentliche Einkauf leisten muss

„Wir müssen kostenoptimiert und nachhaltig zugleich beschaffen und das bei sich verändernden Bedingungen,“ so beschreibt Alf Schwaten, Leiter für Einkauf und Materialwirtschaft bei den Dresdner Verkehrsbetrieben AG, die Herausforderungen, denen er sich als Einkäufer in einem öffentlichen Unternehmen stellen muss. Im Interview besprechen wir, ob Kostenbewusstsein und nachhaltige Beschaffung kollidieren. Außerdem erklärt der Einkaufsexperte, welche Voraussetzungen Lieferanten erfüllen müssen, um den öffentlichen Einkauf bedienen zu können. Unseren Podcast hören Sie ab jetzt auch auf Spotify, Apple Podcasts und allen bekannten Audio-Streaming Anbietern. Außerdem:

  • Insights: Wir haben mit öffentlichen Einrichtungen gesprochen, die bei uns Kunde sind
  • Markttrends: Update Bonitätsrisiken im B2B
  • B2B News: Nachhaltigkeit im öffentlichen Einkauf
  • Mercateo Initiativen: So nutzen öffentliche Einrichtungen eine Beschaffungsplattform
  • Experten-Interview

    Alf Schwaten, Leiter für Einkauf und Materialwirtschaft bei den Dresdner Verkehrsbetrieben AG

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    Die nächste Folge des B2B-Radar erscheint am 10.12.2020.

    Das Interview zum Nachlesen

    Hier können Sie das Gespräch mit Herrn Schwaten in voller Länge nachlesen.

    Was leistet der Einkauf bei den Dresdner Verkehrsbetrieben?
    Einkauf & Materialwirtschaft nimmt eine zunehmende Stellung im Unternehmen ein, weil der Beschaffungsweg immer interessanter wird, weil aber auch das Thema Obsoleszenzen und die Versorgung mit Ersatzteilen immer wichtiger wird. Bei uns wird alles von der Toilettenpapierrolle bis hin zu komplettem Stadtbahnwagen über den Einkauf beschafft. Das bedeutet Verantwortung, das bedeutet aber auch die Einhaltung vom Vergaberecht im öffentlichen Sektor sowie letztendlich natürlich auch die neuen Anforderungen, die aus Nachhaltigkeit, Umweltgedanken, aber auch zunehmendem Kostendruck kommen. Dafür müssen die Mitarbeiter immer weiter qualifiziert werden. Man muss Prozesse optimieren und Systeme integrieren, die dazu beitragen.
    Weniger Einnahmen – Herausforderung für den öffentlichen Einkauf?
    Ja, nicht nur die Corona-Pandemie macht uns schwer zu schaffen. Auch die haushälterischen Situationen sind gar nicht so einfach. Man darf nicht vergessen, dass die öffentlichen Unternehmen oft genug auch mit den lokalen Energieversorgern verbunden sind, und auch dort sind die Einnahmen ein Stück weit rückläufig, was die Situation nicht vereinfacht. Das heißt, der Kostendruck in der öffentlichen Beschaffung wächst stetig. Gleichzeitig setzt das öffentliche Vergaberecht aber klare Grenzen. Und mit zunehmender Gewichtung der Instandhaltung, der Werterhaltung von Fahrzeugen und dem gleichzeitig wachsenden Anspruch unserer Kunden steigt natürlich auch der Druck, kostenoptimiert zu beschaffen.

    Das gelingt zum einen, in dem wir da, wo es möglich ist, entsprechend die Kosten optimieren. Kostenoptimierung bedeutet bei uns: Wie können wir – vorwiegend im Bereich Instandhaltung, C-Teile-Management, aber auch im Bereich der Prozessoptimierung – schneller werden, mit gleicher Mannschaft mehr schaffen – und das bei veränderten Rahmenbedingungen? Dazu kommt, dass der ÖPNV immer auch einen starken Nachhaltigkeitsgedanken zu verantworten hat. ÖPNV ist ökologisch, ÖPNV muss ökologisch ausgerichtet sein, und so muss auch der Einkauf handeln. Bei den Dresdner Verkehrsbetrieben zum Beispiel sind wir den Kriterien von Fair-Trade-City unterworfen. Dresden ist Fair-Trade-City, und genau so müssen wir letztendlich auch beschaffen. Das bedeutet, kostenoptimiert und nachhaltig zugleich – und das bei stets veränderten Rahmenbedingungen. Unter Corona ist das eine ganz besondere Herausforderung. Das bekommt man nur hin, indem man wirklich sich täglich hinterfragt, wie man sich selbst optimieren kann, immer die Kosten optimieren kann, und dieses dann auch mit den Lieferanten gemeinschaftlich realisieren kann.

    Kollidieren Kostenbewusstsein und nachhaltige Beschaffung?
    Kollidieren, ja, aber ich sehe daraus auch einen positiven Effekt. Kostendruck ist ganz normal. Kostendruck: Mit dem muss man umgehen. Da muss man aber auch schauen, in welchem Verhältnis er steht. Das heißt, wir gucken schon sehr genau hin, wer zu welchen Rahmenbedingungen liefert, wie der sogenannte ökologische Footprint ist, und was da letztendlich möglich ist. Ich sagte es gerade eben: Fair-Trade-City ist bei uns Grundlage. Das bedeutet, wir schauen sehr genau auf das Thema Verpackungsmittel und Transportwege. Wie passiert das? Natürlich ist ÖPNV ein grünes Thema und ein nachhaltiges Thema, denn wir tragen wesentlich auch zur Umweltschonung und damit auch ein Stück weit zur Reduktion des CO2-Ausstoßes in unserer Landeshauptstadt Dresden bei.

    Und entsprechend haben wir auch eine große Verantwortung, was die Beschaffung in dem Bereich angeht. Da sind wir permanent auf einer Lösungssuche, wie wir uns da noch besser aufstellen können, wie wir noch nachhaltiger agieren können, und wie wir letztendlich auch die Dinge so in den Prozessen gestalten können, dass wir einen möglichst geringen ökologischen Footprint haben. Und wenn man dann nur auf den Preis schaut, kommt man zweifelsohne einfach auch mal in den Bereich, wo man sagen muss, ja, da gibt es Aspekte, da gehen wir lieber nicht mit. Dann zahlen wir mal vielleicht doch irgendwo einen Cent mehr, und ich glaube, das ist auch eine Denkweise, die mittlerweile angekommen ist. Heute gibt es an der Tankstelle einen Öko-Cent. Ich glaube, sowas ist auch bei einer nachhaltigen Beschaffung mittlerweile akzeptiert. Auf der anderen Seite gilt es natürlich, unter dem hohen Kostendruck immer noch ökonomisch und ökologisch gleichzeitig einzukaufen. Der Herausforderung haben wir uns gestellt – und wir haben mit dem jetzigen E-Procurement-System von Mercateo auch eine ganz gute Lösung gefunden. Wir sind aber auch in permanenter Abstimmung, wie wir das noch weiter verbessern können.

    Inwiefern bedeutet Digitalisierung Kulturwandel?
    Jeder, der von uns mit Behörden, mit Verwaltung, mit kommunalen Dingen zu tun hat, beklagt oft genug noch die Papierlastigkeit. Nun ist der ÖPNV irgendwas dazwischen – zwischen Privatwirtschaft und kommunaler Verwaltung. Das heißt: Auch bei uns sind die Herausforderungen in dem Bereich nach wie vor noch vorhanden. Wir bemühen uns, schrittweise auch da die „Zettelwirtschaft“ weiter zu reduzieren und zu digitalisieren, elektronische Freigaben einzuführen, Prozesse zu optimieren, und letztendlich alles auch in einer Systemlandschaft – für uns ist es SAP – am Ende zu verwalten. Das bedeutet aber, dass natürlich der Kulturwandel gar nicht so einfach ist. Viele Prozesse, die immer noch papierbasiert sind, sind traditionell so gewachsen. Sie haben ihren Sinn und sie funktionieren.

    Die Dresdner Verkehrsbetriebe sind in Sachen Kundenzufriedenheit Marktführer. Marktführer bedeutet auch, dass es ja funktionieren muss. Jemanden zu überzeugen, dass etwas, was schon sehr gut funktioniert (ansonsten wären wir nicht Nummer 1!), noch besser gemacht werden kann, ist manchmal gar nicht so einfach. Wir haben also mit dem E-Procurement die ersten Schritte getan, unseren Einkauf weiter zu digitalisieren. Wir sind jetzt dabei, die Prozessthemen anzugehen und auch da noch digitaler zu werden. Aber das braucht viel Überzeugungsarbeit. Und da muss man den einen oder anderen, der „Ja, das haben wir schon immer so gemacht“ sagt, auch ein Stück weit mitnehmen. Man muss den Mehrwert aufzeigen. Ich persönlich verfolge immer das Ziel zu sagen, Mehrwert zu stiften ist mehr als jedes Zweifach-, Dreifachgespräch.

    Ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg, denn die Nutzerzahl in unserem E-Procurement hat sich mehr als verdoppelt, mehr als wir geplant hatten. Unsere Umsätze über das E-Procurement haben sich auch mehr als verdoppelt. Und ja, die Leute sind zufrieden. Inzwischen kommen die Kollegen auf uns zu und sagen, wir hätten da noch einen Exklusivkatalog, können wir auch das noch mit reinnehmen, und da arbeiten wir aktuell dran. Für uns ist Digitalisierung damit schon eine kleine Erfolgsgeschichte, auch wenn es am Anfang manchmal schwer war und die Frage kam, wozu brauchen wir das. Jetzt sind wir auf dem richtigen Weg und es funktioniert.

    Welche Anforderungen haben öffentliche Einrichtungen an Lieferanten?
    Ja, so erstaunlich wie es klingt, die öffentliche Beschaffung lebt meist von einer gewissen Langlebigkeit. Bei uns ist eine Straßenbahn mindestens 30 Jahre im Einsatz. Das heißt, dass Ersatzteile und andere Bauteile, auch im C-Teile-Bereich, langfristig zur Verfügung stehen müssen. Das ist für viele Lieferanten immer eine große Herausforderung. Da gibt es das eine oder andere Thema, was man sicherlich noch besser machen kann, auch einfach um Obsoleszenzen abzuwenden. Das ist nach wie vor ein großes Thema. Aber dazu bietet die Digitalisierung natürlich auch eine gewisse Chance: Wenn der eine Lieferant das Teil nicht hat, dann hat es vielleicht der andere. Nichtdestotrotz sind langfristige Kooperationen für uns da ein ganz wichtiger Punkt.

    Außerdem – das habe ich vorhin schon gesagt – müssen wir noch nachhaltiger werden. Es ist heute nicht mehr akzeptabel, dass eine kleine Reißzwecken-Schachtel in einem großen Karton mit viel Luftfolie drin liegt. Das passt einfach nicht mehr, und das sind Lieferanten, mit denen wir ungern zusammenarbeiten wollen. Das mag effizient bzw. kostengünstig sein, aber es passt einfach nicht mehr in die Zeit und in den Anspruch unserer Kunden – und damit auch nicht in den Anspruch der DVB. Da braucht es bei Lieferanten noch ein kleines Umdenken. Ansonsten, glaube ich, sind die Lieferanten alle schon auf einem ganz guten Weg, weil kurze Lieferzeiten, optimierte Preise und eine gewisse Nachhaltigkeit, die zunehmend um sich greift, schon die richtigen Akzente sind, die wir auch für unser Geschäft brauchen.


    Mercateo Insights

    Feedback aus dem Mercateo Vertrieb – das bewegt die öffentliche Beschaffung derzeit:

    Mercateo Markttrends

    Im Gegensatz zu öffentlichen Einrichtungen mit bekanntermaßen sehr guter Bonität, ergeben sich bei Unternehmen derzeit sehr wohl Herausforderungen im Zahlungsverhalten.
    Wir nutzen unsere Plattformdaten, um algorithmisch Unternehmen zu identifizieren, die negative Änderungsmuster im Zahlungsverhalten zeigen. Unsere Fachleute in der Bonitätsprüfung haben zusammen mit internen Data Scientists einen besonders schnell reagierenden statistischen Score entwickelt. Wie viele Unternehmen sind aufgrund dieses Algorithmus über die letzten Wochen als besonders auffällig markiert worden? Die Kurve unten zeigt den Verlauf (mit dem Stand Anfang September als 100-Prozent-Marke).

    Diese Analyse haben wir am 07. Mai schon einmal veröffentlicht. Damals erholten sich nach dem ersten Corona-Schock die Werte leicht. Jetzt zeigt sich ein neues Bild: Seit 4 Wochen nimmt die Zahl derart auffälliger Unternehmen markant ab. Augenblicklich gibt es kein Bonitätsproblem im Markt, sondern das Gegenteil. Eine zweite Kennzahl in unseren internen Bonitätsdaten, das Verhältnis überfälliger zu offenen Forderungen, ist signifikant besser als im gleichen Zeitraum des Vorjahres (als die Wirtschaft noch als „gesund“ galt). Ob diese Entwicklung nachhaltig ist, verfolgen wir weiter. Möglicherweise ist der Effekt saisonal aus Budgetnutzungen zum Jahresende getrieben: Als Folge der Corona-Kostensenkungen sind manche Jahresbudgets stark unterausgenutzt, das positive Ausgabe- und Zahlverhalten zum Jahresende könnte dadurch – ökonomisch paradox – stärker ausgeprägt sein als in Vorjahren. Eine Bewährungsprobe im Zahlverhalten erwarten wir in einzelnen Branchen nach dem Jahreswechsel, falls die derzeitigen Lockerungen der Insolvenzantragspflichten zum 31.12. wie geplant auslaufen.

    Bonitätsrisiken im B2B

    B2B News


    Mercateo Initiativen

  • Plattformen im öffentlichen Einkauf nutzen
  • Auch öffentliche Unternehmen können über eine Beschaffungsplattform den Einkauf effizienter gestalten. Mit Mercateo reduzieren Sie Lieferanten, sparen Prozesskosten und haben nur einen Kreditor. Über die Nutzerverwaltung können Sie Bestellungen freigeben und behalten so Transparenz und Kontrolle. Mit den Filtermöglichkeiten nach Umweltzertifikaten unterstützen wir Sie dabei, die Beschaffung nachhaltiger zu gestalten. Jetzt mehr erfahren.

    Die nächste Folge des B2B-Radar erscheint am 10.12.2020.

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