Aquarellfarbe ist nicht gleich Aquarellfarbe!
Das Aquarell kann als die lebhafteste und aufregendste aller Maltechniken angesehen werden,
das Material als das anspruchloseste, die Maltechnik als die einfachste. Man verteilt mit dem
Pinsel Farben auf Papier - das ist alles. Darin liegt zugleich ein höchst
sublimes Abenteuer, das mit jedem weißen Bogen Papier und dem
ersten Farbfleck neu beginnt.
Besonderheiten
Ein zügiger Malvorgang, lasierende Farbschichten, Aussparen bestimmter Partien für die höchsten
Lichter, der Aufbau der Farben von Hell nach Dunkel, fließendes Vermischen der Farben beim Lavieren,
modulierende Pinselstriche, spontanes Übermalen - auch zufällige Flecke und etwas Glück - gehören zu den
Besonderheiten des Aquarellierens. Solche maltechnischen Kenntnisse sind weder Garantie noch
Voraussetzung für das Gelingen eines Bildes, helfen jedoch immer wieder, malerische Probleme zu
lösen. Das Malmaterial ist kein neutrales Übertragungsmittel von Bildideen; es malt mit und bestimmt
in nicht geringem Maße den Ausdruck eines Bildes. Deshalb sollte man das Handwerkszeug, also die
Farben, sehr genau kennen.
Qualität der Pigmente
Entscheidend für die Qualität von Aquarellfarben sind die Beschaffenheit ihrer Pigmente und
ihre Lichtechtheit. Eine hochwertige Farbe mit einer Pigmentkonzentration von 50 Prozent kann mit sehr
viel Wasser verdünnt werden, ohne an Leuchtkraft zu verlieren. Die so genannten "Schülerfarben"
enthalten weniger reines Pigment und mehr Füllstoffe als die hochwertigeren "Künstlerfarben". Sie sind
billiger, aber nicht garantiert lichtecht, und lassen sich nicht so fein abtönen. Farben der Künstlerqualität
hingegen bleichen nicht aus und verändern sich nicht; zudem sind sie ergiebiger.
Effekte
Jedes einzelne Pigment zeigt eine ganz charakteristische Reaktion auf das Wasser und das
Papier. Bei einigen verteilen die Farbteilchen sich gleichmäßig und die Farbe zeigt nach dem
Trocknen entweder eine gleichmäßig glatte Oberfläche, wie Chromoxidgrün, oder - durch
Absetzen des Pigments in den Vertiefungen des Papiers - eine Granulierung, wie Umbra natur.
Bei anderen, etwa Ultramarinblau, können die Farbteilchen sich zusammenziehen; sie "perlen",
was einen fleckenartigen Effekt ergibt. Manche Farben färben das
Aquarellpapier ein, andere überziehen
es mit einer durchsichtigen Farbschicht. Erstere sind beständig und nach dem Trocknen nicht mehr
wasserlöslich, letztere lassen sich wieder anlösen und abwaschen. Beachten Sie daher die
entsprechenden Aufdrucke auf den Farben oder informieren Sie sich über die besonderen
Eigenschaften der einzelnen Künstlerfarben.
Aquarellfarbe in Tuben
Die Tubenfarbe ist von einer frischen, cremigen Konsistenz und enthält mehr Feuchthaltemittel
wie beispielsweise Honig oder Glycerin. Mit Tubenfarben lässt sich zügiger als mit Farben aus
Näpfchen arbeiten. Dies wird spätestens dann wichtig, wenn man mit größeren Formaten umgeht
und es von Vorteil ist, schnell viel Farbe flüssig zu haben. Beim Malen mit besonders großen
Pinseln ist es sogar schwierig, aus den Farbnäpfchen zu arbeiten. Diese sind allerdings wirtschaftlicher,
allein schon deshalb, weil immer ein Rest der Tubenfarbe ungenutzt bleibt, außer man schneidet die
leere Tube auf und verarbeitet umständlich den Rest.
Farben aus der Tube kann man direkt miteinander mischen und so neue Töne kreieren, ohne eine
der beiden zu verschmutzen. Tubenfarben werden einzeln oder in Kästen mit sechs Farben bis hin zur
gesamten Palette des Herstellers angeboten. Hierbei muss jeder Künstler selbst entscheiden, wie viele
Farben er verwenden möchte.
Aquarellfarbe in Näpfchen
Aquarellfarbe in Näpfchen besitzt die selbe Qualität wie Tubenfarbe, allerdings wird ihr mehr
Gummiarabikum und weniger Glycerin beigemischt, sie trocknet daher schneller. Bei den Farbnäpfchen
hat man die Wahl zwischen zwei Größen. Empfehlenswert ist die Anschaffung von 1/1 Näpfchen, weil sie
mehr Farbe enthalten, als zwei kleine 1/2 Näpfchen und ein großes weniger kostet als zwei kleine. Sie
bieten auch den Vorteil, dass die Farbe beim zügigen Aquarellieren leichter und schneller entnommen
werden kann.
Verschiedene Ausführungen
Das Format der Farbkästen variiert von der Größe einer Brieftasche bis hin zu einem Aktenkoffer,
der die gesamte Farbpalette des Herstellers enthält. Sinnvoll ist der Kauf eines Aquarellkastens mit
zwei Farbreihen für zwölf Farben, die in beliebiger Reihenfolge einsortiert werden: je zwei
Primärfarben Gelb, Rot und Blau, die Sekundärfarben Grün, Orange, Violett und die Erdfarben
lichter Ocker, gebrannte Siena, gebrannte Umbra.
Im Handel befinden sich auch kleinere Aquarellkästen mit nur einer Reihe, die aber Platz für bis zu
zwölf Näpfchen bieten. Für den Anfang, zum Kennenlernen der Aquarelltechnik, reicht diese
Grundausstattung vollkommen aus. Näpfchenfarbe ist besonders praktisch, weil man im
Farbkasten stets alle Farben vor sich hat, dieser durch sein handliches
Format gut zu transportieren ist und sich die Innenseite des Deckels als
Mischpalette verwenden lässt.
Wassermalfarben
Diese Aquarellfarben sind rund gepresst und werden hauptsächlich in der Schule verwendet. Ihr
Glyzerin-Gehalt ist sehr gering, daher löst sich die Farbe schlecht und muss oft mit dem
Künstlerpinsel aufgerieben werden. Ihre mindere Qualität macht sie für
künstlerische Arbeiten gänzlich uninteressant. Durch ihre Zusammensetzung - arm an Pigmenten, mit
minderwertigen Substanzen gebunden - breitet sich die Farbe ungleichmäßig aus und verliert schon
während des Trocknens deutlich an Intensität. Trockene Wasserfarben sind daher nur für den
Schulgebrauch zu empfehlen.
Aquarellfarben in flüssiger Form
Flüssige Aquarellfarben werden in kleinen Plastikflaschen mit Dosierhilfe oder in Glasfläschchen
angeboten. Die Farben eignen sich besonders für Grafiken und Illustrationen. Flüssigfarben in Plastikfläschchen
lassen sich hervorragend dosieren. Da sie auch verdünnt stets den selben Ton haben, eignen sie
sich für Arbeiten mit gleichmäßigen Farben. Künstler, die mit Flüssigfarben arbeiten, besitzen meist
viele verschiedene Farbtöne, da man diese Aquarellfarben kaum untereinander mischen kann.