Home » B2B Radar » OTTO meets Mercateo: Plattformen als Problemlöser im B2B und B2C

OTTO meets Mercateo: Plattformen als Problemlöser im B2B und B2C

„Plattformen sind Problemlöser. Sie versuchen, es den Teilnehmern möglichst einfach zu machen, an diesem Geschäftsmodell teilzuhaben und den Nutzen für alle Teilnehmer zu erhöhen.“ Wir haben unseren heutigen Gast Tim Buchholz, Principal Platform Business bei OTTO, im Interview gefragt, was eine Plattform ausmacht. Gemeinsam mit Mercateo Vorstand Dr. Bernd Schönwälder spricht er darüber, wie die strategische Transformation zur Plattform lief, welchen Mehrwert Plattformen bieten und darüber, was Werte mit Plattformen zu tun haben. Weitere Themen:

  • Insights: Das Plattformgeschäft bei Mercateo
  • B2B News: Lese- und Hörempfehlungen zum Thema Plattformen
  • Mercateo Initiativen: Wie die Mercateo Plattform eine nachhaltige Beschaffung ermöglicht
  • Experten-Interview

    Tim Buchholz, Principal Platform Business, OTTO & Dr. Bernd Schönwälder, Vorstand, Mercateo Gruppe

    B2B-Radar SpotifyB2B-Radar Apple PodcastsB2B-Radar DeezerB2B-Radar Google PodcastsB2B-Radar Amazon Music



    Die nächste Folge des B2B-Radar erscheint am 10.06.2021.

    Das Interview zum Nachlesen

    Hier können Sie das Gespräch mit Tim Buchholz und Dr. Bernd Schönwälder in voller Länge nachlesen:

    T.B.: Meine Rolle bei OTTO: Transformation vom Händler zum Plattformgeschäftsmodell vorantreiben
    OTTO und Mercateo – wie geht denn das zusammen? Ganz gut, findet die Fachpresse. In unserem Presseteam ist aufgefallen, dass Otto und Mercateo in den letzten Monaten in Beiträgen über Plattformen oft in einem Atemzug als Branchenbeispiele erwähnt wurden. Zu Recht, finden wir! Denn beide Unternehmen vollziehen seit einigen Jahren einen Wandel im Kern ihrer Geschäftsmodelle hin zur Plattform. Und darüber wollen wir heute reden.

    Tim und Bernd: Plattform Strategie. Welche Rolle spielt ihr in euren Unternehmen in dieser Transformation, was ist euer Job?

    Bei Otto bin ich Principal Platform Business und damit in einem Teil der Unternehmensstrategie unterwegs. Mein Auftrag ist es, gemeinsam mit Teammitgliedern die Transformation von Otto vom Händler zum Plattform-Geschäftsmodell voranzutreiben. Unsere täglichen Aufgaben sind: Beraten des Vorstands, Treiben von internen Projekten, die Transformation zur Konzeptionierung, aber hinterher auch den Change auszugestalten und zu schauen: Was macht das mit uns als Unternehmen? Und wo genau wollen wir da eigentlich hin?

    B.S.: Meine Rolle bei Mercateo: Ausbalancieren und Orchestrieren von Markteilnehmenden, die füreinander nützlich sind
    Bernd, kannst du dich kurz vorstellen?

    Vorstand Markt + Vertrieb. Um das Thema „Plattform“ zu erklären: Eine Plattform hat ihren Nutzen nicht durch die Funktionalitäten, die Technologie, sondern durch die anderen, die auch an der Plattform teilnehmen. Wie der Markt die Plattform nutzt, ist auch schon Teil dessen, was die Plattform überhaupt zu bieten hat. Das ist ein Ausbalancieren und Orchestrieren von Marktteilnehmern, die füreinander nützlich sind. Dieses Orchestrieren ist das Thema, was ich versuche, vorwärtszutreiben. Und für unser Unternehmen stelle ich auch die Organisation dahinter, so dass ein vernetztes Angebot nach draußen gut geleistet werden kann. Eigentlich besteht meine Aufgabe darin, diesen Kreislauf zwischen Strategie, Produkt und Markt aufrecht zu erhalten. Wie kriegt man das in eine immer schnellere Drehung, dass auf unserer Plattform der Markt sich selbst möglichst viel zu bieten hat? Das ist mein Thema.

    T.B.: Plattformen bringen nicht nur Angebot und Nachfrage zusammen, sondern lösen Probleme
    Bevor wir tiefer in die Themen einsteigen, würde ich mit euch gern erst mal die Begriffe klären. Tim, du beschäftigst dich per Job Title mit Plattformen. Wie ist deine Definition einer Plattform und wo siehst du die Abgrenzung zu Marktplätzen?

    Das ist eine spannende Frage. Für mich gibt es wirklich einen entscheidenden Unterschied zwischen Marktplätzen und Plattformen. Beide basieren erst mal auf einem identischen Effekt. Das heißt, beide Geschäftsmodell-Varianten haben im Kern etwas, was man auf Englisch Matchmaking nennt. Das heißt, sie versuchen, Angebot und Nachfrage an einem Ort zusammenzubringen und das Ganze so offen zu gestalten, dass die Partner eines Marktplatzes oder einer Plattform Angebote zur Verfügung stellen, so dass Nachfrage und Angebot an diesem Ort zusammenkommen. Mit dem Angebot, was auf dem Marktplatz oder der Plattform zur Verfügung gestellt wird, steigt natürlich die Attraktivität für Kund*innen. Und entsprechend ist es so, dass etwas erzielt werden soll, was man Netzwerkeffekte nennt. Das heißt, mit jedem Teilnehmer, der an der Plattform teilnimmt, steigt der gesamte Nutzen für die anderen Teilnehmer. Aber wenn Marktplätze und Plattformen das gemein haben, wo ist denn da der Unterschied? Ich finde, da gibt’s einen entscheidenden Unterschied, denn die Technologie ermöglicht uns heute, dass gerade die Angebotsseite ihr Angebot auf vielen verschiedenen Kanälen, also auf vielen verschiedenen Marktplätzen, anbieten kann.

    Plattformen haben auch diese Marktplatz-Funktionalität, versuchen aber etwas Entscheidendes anderes zu tun. Und das ist einmal zu schauen, was für ein Problem wir für Kund*innen lösen. Wie hilft uns hinterher ein Marktplatz dabei? Und was müssen wir noch tun, um den Teilnehmern dieses Marktplatzes oder dieses Geschäftsmodells den Zugang zu dieser Plattform zu erleichtern? In ganz einfachen Worten gesprochen ist für mich ein Marktplatz ein Unternehmen, welches erst mal nur viele Angebote in Tiefe und Breite zur Verfügung stellt, eine Plattform aber ein Unternehmen, was aus Kund*innen-Perspektive ein Problem ziemlich allumfassend löst.

    Um noch konkreter zu werden, lass uns Beispiele aus anderen Branchen anschauen. Ich komme aus der B2B-E-Commerce Branche. Nehmen wir mal aus Endkund*innen-Perspektive Musikhören. Da wird jeder wahrscheinlich eine App auf seinem oder ihrem Smartphone haben, mit der er oder sie Musik hört. Und das ist quasi auch ein Plattform-Unternehmen. Oder wenn wir andere Probleme aus Kundinnen-Perspektive haben wie: Ich möchte in New York von A nach B kommen, oder ich möchte in einer fremden Stadt (sofern es die Pandemie bald wieder zulässt!) übernachten, ohne im Hotel zu übernachten. An welchen Ort oder an welches Unternehmen wende ich mich da? Und genau diese Problemlöser, das sind Plattformen. Und sie versuchen, es den Teilnehmern möglichst einfach zu machen, an diesem Geschäftsmodell teilzuhaben und damit (wie Bernd das eingangs auch schon sagte) den Nutzen für alle Teilnehmer zu erhöhen. Das ist eine wesentliche Aufgabe eines Plattform-Geschäftsmodells und unterscheidet sich so von Marktplätzen, die eigentlich nur das Angebot zur Verfügung stellen, aber ganz häufig den Punkt etwas verpassen, den Zugang zu diesem Angebot zu erleichtern.

    B.S.: Plattformen ermöglichen innovative Geschäftsmodelle
    Bernd, wie siehst du das? Kannst du Tim da zustimmen?

    Ja. Das ist ein Riesenthema. Plattformen sind da draußen in 1000 verschiedenen Bedeutungen, ich schließe mich da voll Tim an. Plattformen haben zusätzlich auch mit Innovation zu tun. Beim Marktplatz sehe ich erst einmal eine Angebotsseite, eine Kundenseite und ein Matchmaking dazwischen, so wie du es beschrieben hast, Tim. Und dann kommt das Potenzial. Aber wenn man hier zwei Seiten schon mal hat, dann gibt es meistens zusätzliche Rollen. Ich nehme erst mal das klassische Versandhandelsgeschäft: Da gibt’s die Logistik usw. Man kann zusätzliche Rollen auch noch tiefer integrieren in das, was man beiden Seiten bietet. Und jetzt kommt dann auch das Thema, was eine Plattform hervorbringen kann: Sie kann auch neue, innovative Geschäftsmodelle für andere möglich machen, nicht nur das Kaufen und nicht nur das Verkaufen. Nehmen wir Plattformen, die wir da draußen schon kennen, zum Beispiel Apple. Apple hat nicht nur die Art und Weise, wie Musik verteilt wird, komplett erneuert, sondern auch das Geschäftsmodell Musik. Microsoft ist auch noch eine Plattform. Sie hat die verschiedenen Seiten des Marktes auf so einem Desktop zusammengebracht, der jetzt Windows heißt – das hat einfach wahnsinnig viele Innovationen möglich gemacht. Und das ist das auch, was für mich bei Plattformen eine Mehrwert-Perspektive ist, die weit über den Marktplatz hinausgeht.

    T.B.: OTTOs strategische Transformation zur Plattform
    Tim, um euch zu zitieren: Ihr „baut den Tanker bei voller Fahrt um“. Was genau macht ihr denn da bei Otto? Dass der gute, alte Katalog nicht mehr da ist, hat jetzt jeder bemerkt. Vor 25 Jahren wart ihr bei 0 Prozent digital, jetzt habt ihr fast die 100 erreicht. Analog zu Digital ist ja aber nicht die einzige Veränderung bei Otto, oder?

    Ja, das hast du gerade sehr gut beschrieben. Die Reise, die wir seit 1995 gemacht haben, ist erst mal unser sehr analoges Vertriebsgeschäft digital zu machen. Wir waren und sind im Kern immer Händler gewesen. Das heißt, wir haben Ware eingekauft und haben dann geschaut, wenn wir sie auf Lager liegen hatten, wem wir sie verkaufen können. Und jetzt verändert sich das Ganze. Was wir in diesem Händler-Konstrukt schon sehr gut konnten, war, unsere Kund*innen zu verstehen. Also nicht nur, dass sie die Ware kaufen, sondern auch welche Services sie brauchen, um diesen Kaufprozess zu erleichtern. Ein konkretes Beispiel: Wir haben schon immer Waschmaschinen mit einem Aufstellservice verkauft. Das heißt, wenn man am vierten Stock im Altbau wohnt und keinen Aufzug hat, dann lernt man den Unterschied zwischen Speditionslieferung bis zur Bordsteinkante und Lieferung bis zum Aufstellort sehr schnell. Bei der Bordsteinkantenlieferung steht die Waschmaschine einfach vor der Tür und man muss sich selber darum kümmern, wie sie hochkommt. Und bei Lieferung bis zum Aufstellort wird die Waschmaschine genau dorthin gestellt, wo sie hin soll. Bei uns sind es die Kolleg*innen von Hermes, die die Waschmaschine anschließen und einen Probelauf machen. Und das ist ein Service, der hinterher das gesamte Einkaufserlebnis verändert. Darin waren wir schon immer sehr gut.

    Die Transformation, die wir jetzt machen, ist wie folgt: Damit wir das nicht nur für die von uns selbst eingekauften Artikel bereitstellen, sondern (und hier kommt der quasi allumfassende Problemlöser in einem Segment ins Spiel) das Angebot auch tiefer und breiter bereitstellen können und nicht nur einen Ausschnitt des Marktes haben, öffnen wir uns und setzen quasi neben das Handelsgeschäft auch ein Marktplatzgeschäft. Das heißt, Partner können über uns auf otto.de ihre Produkte an Kund*innen verkaufen. Und die Herausforderung für uns als Unternehmen auch im Mindset ist nicht nur, die Dinge für uns selber zu tun, sondern das, was wir bisher immer sehr gut konnten – Raten, Finanzierung, so etwas wie Aufstellservice, Aufbauservice von Möbeln usw. – jetzt für Dritte, also für Partner auf otto.de mit anzubieten, damit ein ganz wichtiger Aspekt immer wieder gewährleistet ist – und das ist, dass unsere Kund*innen das gleiche Erlebnis haben. Und das ist eine große Aufgabe, vor der wir gerade stehen, sowohl im Mindset dafür, dass wir alles, was wir anbieten, als Service anbieten, als hinterher auch technologisch, denn vor 25 Jahren lebte ein Händler, der Markt oder der Wettbewerb davon, dass man Prozesse verbessert hat, dass man die Effizienz gesteigert hat. Und man hat natürlich nie dem Wettbewerb erklärt: Wie genau tue ich das? Man hat einen Closed Shop gehabt und es war ein Geschäftsgeheimnis, wie es funktionierte.

    Wenn wir jetzt aber über Plattform-Geschäftsmodelle reden, sprechen wir davon, dass wir mit vielen Menschen zusammenarbeiten wollen. Das heißt, wir müssen uns plötzlich öffnen. Wir müssen unsere Technologie öffnen. Wir müssen Kund*innen und Partnern erklären: Wie kannst du leichter mit uns zusammenarbeiten? Und das bedeutet auf der Partnerseite auch: Wie kannst du dich technisch leichter an uns anbieten? Wie kannst du leichter Services wie das von Hermes beispielsweise auch in dein Portfolio mit aufnehmen, um unseren Kund*innen das gleiche Erlebnis zu bieten?

    Und das ist ein Mindset-Wechsel, der hinterher, aber auch technologisch, prozessual und in der Organisation viel Veränderung für uns bedeutet. Und auf dieser Reise sind wir gerade. Und zurück zu diesem Tanker-Bild: otto.de hat im vorletzten Geschäftsjahr dreieinhalb Milliarden Umsatz gemacht, dieses Jahr sind wir bei knapp viereinhalb Milliarden. Und das ist natürlich etwas, wo wir schauen müssen, sehr vorsichtig vorzugehen. Denn wenn wir quasi jetzt plötzlich Partner auf unsere Kund*innen loslassen, dann wollen wir natürlich, dass der Standard, den unsere Kund*innen von uns gewohnt sind, auch im Erleben erhalten bleibt. Und deswegen muss man sehr vorsichtig schauen: Welchen Service bieten wir an, welche Partner lassen wir drauf? Wie packen wir ihre Produktbilder auf otto.de mit darauf? Wie sind Artikel im Shop bei uns beschrieben? Und das ist etwas, wo wir stückweise gerade vorgehen und schauen müssen, wie wir diesen großen Tanker stückweise gedreht bekommen, weil wir dann in großer Fahrt unterwegs sind und nicht Schiffbruch erleiden wollen.

    B.S.: Vom digitalen Marktplatz zur Plattform – das Unite Modell
    Bernd, bei uns, bei Mercateo, ist es etwas anders: Digital waren wir schon immer, seit der Gründung von Mercateo im Jahr 2000. Mit mercateo.com sind wir groß geworden. Wir haben aber im Jahr 2017 noch ein zweites Schiff ins Wasser gelassen, Unite. Warum?

    Also wir waren immer schon digital und unser Geschäftsmodell ist komplett virtuell. Wir haben auch jetzt von den Mitarbeiterzahlen und so weiter nicht die Größe von Otto, mit 600 Leuten sind wir eine ganze Nummer kleiner, aber dafür nur virtuell, keine physischen Lager usw. Aber wir sind gestartet mit einem Marktplatz, wo wir nur mit Händlern im Bereich Businesskunden mit gewerblich relevanten Bedarfen gearbeitet haben, die Versandhandel gemacht haben. Und jetzt aber ist Business gleich People-Business, wo viele individuelle Leistungen erbracht werden. Zum Teil müssen Geräte und Armaturen irgendwo speziell in technische Anlagen eingebaut werden. Da kommt der Händler nicht nur als Verkäufer, sondern auch als jemand, der noch Wartung und Montage macht und so weiter. Das haben wir alles in diesem Markt kennengelernt und da ist sehr viel offline – nicht nur Geschäft, sondern auch die Erbringung der Leistungen. Ja, das ist zum Teil nicht nur DHL.

    Unser Weg ist jetzt, wie wir mit den Prozessen, die unsere Kunden schätzen – Marktplatz, unser Modell, einheitliche Rechnungsstellung, man hat ja vieles unter der Haube entwickelt – in einem Rundum-Paket von Prozessen zusammenschnüren. Jetzt haben wir festgestellt, dass ganz viele Leistungen offline erbracht werden: Rundum-Produkte, die typischerweise auch theoretisch im Paket von uns verkauft worden sind, aber wo der Markt eigentlich genau die gleichen Prozesse drumherum haben möchte – Rechnungsstellung, Bestellart usw., Zugang von Mitarbeitern, dazu Budgetierung, Kostenstellen, Kostenarten – also Dinge, die man auf der Plattform strukturiert hat. Und unser Weg war mit Unite zu sagen: Wir sind nicht nur ein Marktplatz, wo man Dinge, die in Pakete verpackt und verschickt werden können, bekommt, sondern da gibt es eine riesige Welt von viel individuelleren Leistungen, die aber genauso von den Kunden bequem geordert, abgewickelt, abgerechnet, bezahlt werden will. Und das ist das Unite-Modell. Es ist einfach ein vom digitalen Marktplatz nochmal auf eine andere Plattformebene gehoben. Und insofern sind wir da in einer Transformation drin, die vieles von dem enthält, wovon du, Tim, auch gesprochen hast.

    B.S.: Plattformen ermöglichen Beziehungen im B2B
    Obwohl auch das ein Zitat aus Hamburg ist, frage ich zuerst Bernd: Du bist schon kurz auf die Mehrwerte eingegangen, die Unite fürs B2B schafft. Lass uns nochmal genauer auf die Beziehungen schauen: Warum geht B2B auf einer Plattform bzw. in einem Netzwerk besser als in einem Online-Shop?

    Ein Netzwerk ist natürlich noch eine spezielle Art des Plattform-Modells. Bei Netzwerk denken wir zuerst an Facebook und andere Dinge, die uns in Beziehung setzen, die typischerweise, soweit es uns alle betrifft, von Facebook nach und nach aufgekauft worden sind, ob das jetzt WhatsApp heißt oder wie auch immer. Ein Netzwerk hat mit Menschen, die miteinander reden, zu tun. Und da kommt das zusammen mit dem Thema der individualisierten Leistungen. Wenn wir ein paar Aspekte von B2B beleuchten, kann man erstmal an der Oberfläche sagen, dass es auch häufig einheitliche Bedarfe gibt. Denn jedes Unternehmen braucht auch Kopierpapier und Werkzeug, den Schraubenzieher und so weiter. Aber wenn man mal unter die Wasserlinie geht, gibt es dort unendlich viel, ganz spezialisierte Produkte. Tantal-Blindleistungskondensatoren, zum Beispiel – das ist nur ein Produkt unter hunderten von Millionen, die nur ganz spezialisierte Kunden brauchen, die man aber auch im Paket verschicken kann. Aber dann gibt es noch Services da drumherum usw. Und das Besondere ist, dass hier viele Anpassungen der Leistungen zwischen Händler und Kunde passieren, häufig kundenindividuell. Natürlich versucht man zwar im B2C zu personalisieren.

    Aber im B2B wird die Leistung wirklich zum Teil pro Kunde individualisiert. Da weiß man, wo der eine seine Boxen hat, wo die M6-Maschinengewindeschrauben drin sind. Und wenn der Händler kommt, dann geht er genau durch die Werkshalle zu den Boxen, wo diese Schrauben vorgehalten werden und schüttet sie da rein. Aber die Boxen stehen an unterschiedlichen Stellen bei jedem Kunden und derjenige, der die reinlegt, muss den Kunden echt kennen, damit er das in der Werkshalle für den Kunden machen kann. Wir können viel über künstliche Intelligenzen reden, und wir werden mal sehen, was die alles noch leisten können. Aber heute ist Fakt, dass solche Dinge Menschen miteinander ausmachen müssen und dass es auch dann unglaubliche Mehrwerte gibt, die aber an eine echte Geschäftsbeziehung gebunden sind. Denn wenn man einfach den Anbieter wechselt, muss man das alles neu mit ihm ausmachen und herausfinden, ob er das auch leisten kann. Das ist nicht mehr standardisiert beschreibbar.

    Und das ist das, wo im B2B-Geschäft ein riesiges Volumen nicht digital abläuft, weil das nicht auf die Marktplätze passt, die wir alle aus dem täglichen Erleben kennen, aber wo in zehn Jahren klar ist, dass Leistungen wie Rechnungsstellung, Beauftragung, Transparenz irgendwie digital verfügbar sein werden. Und das ist das Thema, wo wir sagen: Ein Netzwerk der Beziehungen, die zwar nicht alles marktplatzfähig macht, die aber dieses Geschäft in eine Auswertbarkeit, in eine Transparenz und auch in eine bessere Vermittelbarkeit bringen. Leute, die diese Spezialfähigkeiten haben als Anbieter, müssen ihren hochspezialisierten Markt finden. Das ist super wertvoll. Dummerweise ist es höchst intransparent und schon der andere Betrieb 20km weiter weiß gar nicht, dass es diesen Anbieter gibt, der für jemanden anderes eine ähnliche Leistung bringt, die er brauchen könnte. Und in diesen superfiligranen, ausdifferenzierten Geschäften wollen wir mit dem Netzwerk-Modell Dinge machen, wo wir sagen: Wir wissen, dass Kunden wie du oder Anbieter wie du interessanterweise folgende Geschäftsbeziehungen haben. Schau dir mal folgenden Anbieter an. Schau dir mal folgenden Kunden an. Wir wissen nicht, was sie miteinander machen, aber im Netzwerk machen die miteinander Geschäfte und du bist so ähnlich. Also geht man aufeinander zu und findet heraus. Es ist wie bei LinkedIn. Du solltest vielleicht mal mit dem folgenden Anbieter reden und dann könnt ihr das Geschäft über diese Plattform schnell initiieren, transparent abwickeln, in eure E-Procurement Systeme und SAP-Systeme einbuchen usw. Das könnt ihr dann mit einem Mausklick sozusagen hier digital haben.

    T.B.: Mehr Service und Vielfalt durch Plattformen
    Tim, ihr öffnet euch in eurem Plattformgeschäft Partner*innen, um mehr Vielfalt und Service zu generieren – also eigentlich auch B2B! Was genau tut ihr da und wie managt man das auf einer Plattform?

    Bevor ich auf diesen B2B-Aspekt komme, finde ich es total spannend, was Bernd zu der Kundenbeziehung gesagt hat, denn bei Mercateo oder Unite sprecht ihr auch darüber, hinterher hoch individualisierte Produkte und den Zugang dazu zur Verfügung zu stellen. Bei uns im B2C-E-Commerce reden wir von standardisierten Produkten, teilweise wirklich Massenmarktprodukten. Und hier versuchen wir nicht quasi die Individualisierung des Produktes in den Vordergrund zu stellen, sondern wir lösen Kund*innen das Problem: Welches Produkt ist für mein Problem die richtige Lösung? Wir versuchen in der Vielfalt der unterschiedlichsten Produkte das richtige Produkt zu finden, während ihr versucht, in der Vielfalt der unterschiedlichsten Anbieter den richtigen Anbieter zu finden. Und das finde ich einen spannenden Aspekt. Wir wiederum versuchen, das richtige Produkt zu finden. Wenn man jetzt auf otto.de an einen Artikel geht, gibt es einen Artikel, der von mehreren Partnern angeboten wird.

    Und so mache ich jetzt mal die Brücke zu der Partnerseite, auf die du hinauswolltest, Katrin: Wir haben etwas wie Wettbewerb am Artikel. Das heißt, wir versuchen eine Transparenz herzustellen, um zu sagen: „Guck mal, das ist dieser Artikel, der für dich und dein Problem vielleicht optimal ist. Folgende Partner haben wir auf otto.de, die dieses Produkt zu einem bestimmten Preis anbieten. Aber wir versuchen nicht nur den Preis als Messkriterium heranzuziehen, sondern natürlich auch den Service gerade, denn es geht ja hinterher um das Erleben, was ich mit dem Produkt habe. Also wie schnell kann ein Partner liefern? Oder: Aus den Erfahrungen, die andere Kund*innen mit diesem Partner hatten, wie zuverlässig war dieser Partner? Wie schnell hat das Serviceteam Anfragen beantwortet? Usw. Und das versuchen wir quasi auf otto.de für Kund*innen abzubilden. Auf der anderen Seite versuchen wir natürlich, uns jetzt quasi auch technologisch zu öffnen. Was wir jetzt in den letzten Jahren getan haben, war Legacy-Systeme (alte gewachsene IT-System-Landschaften) stückweise durch neue Technologie zu ersetzen, die uns auch marktplatzfähig macht, die uns auch für Partner öffnet, damit wir unseren Partnern genau diesen Kund*innen-Zugang auch bieten können. Und so bauen wir gerade die Marktplatz-Technologie, sprechen mit den B2B-Partnern und versuchen auch die für uns richtigen Partner erst mal auf otto.de zu bekommen, denn wir müssen jetzt auch erst mal lernen. Dieses Kundenerlebnis ist für uns ein extrem hohes Gut und am Anfang wollen wir jetzt nicht unbedingt jeden bei uns drauf lassen, weil wir natürlich lernen müssen: Welche Datenstrukturen liegen bei Partnern vor? Was brauchen sie? Wie können wir ihnen helfen, unsere Kund*innen so zu bedienen oder zu beliefern, wie wir uns das als Erleben hätte auch vorstellen? Brauchen sie einen Lieferservice, den sie auch über uns als Partner buchen können? Brauchen sie Hilfe dabei, Ihr Produkt auf otto.de besser sichtbar zu machen? Usw. Da gibt es vielfältige Möglichkeiten, wo wir gerade in einem gemeinsamen Lernen und auch in einem Kommunizieren mit Partnern sind, um stückweise besser zu werden; auch auf dieser Partnerseite, um wirklich sagen zu können: Was braucht ihr denn da und wie kriegen wir das hin?

    Und ein Aspekt, an dem wir gerade auch arbeiten (und das wird vermutlich im nächsten Jahr starten, aber die News gab es dieses Jahr schon dazu): Wir haben als Otto eine Zahlungsabwicklungsgesellschaft gerade im Aufbau. Wenn jemand auf otto.de geht, etwas in den Warenkorb legt und dann bezahlt, haben wir heute noch die Herausforderung, dass er – wenn er ein Produkt von Otto im Warenkorb hat – einmal bei Otto bezahlt. Aber wenn er dann ein Produkt von einem Partner im Warenkorb hat, muss er auch noch beim Partner dieses Partnerprodukt bezahlen. Und wenn wir Kund*innen Probleme und den Zugang quasi zu Produkten erleichtern wollen, dann sagen wir halt hinterher: Naja, zahl doch einfach alles an Otto und wir verteilen das Geld. Und rechtlich braucht man dafür eine Zahlungsabwicklungsgesellschaft. Und auch da arbeiten wir mit Partnern zusammen, um Partnern hinterher wieder Services ermöglichen zu können, die wir ziemlich exklusiv bisher bei Otto hatten. Und das sind so etwas wie Ratenkäufe, dass jemand sagt: Ich möchte jetzt nicht alles auf einen Schlag bezahlen, sondern in 12 Raten, in drei Raten oder ähnliches. Und viele Partner können das auf dieser Zahlungsabwicklungsseite heute noch nicht und ihnen ermöglichen wir so etwas damit. Und so lernen wir stückweise von beiden Seiten. Was brauchen wir, um das richtige Erlebnis zur Verfügung zu stellen? Was müssen wir unseren Partnern und Partnerinnen dann hinterher so bieten, damit sie genau dieses Erleben auch erbringen können?

    B.S.: B2B oder B2C: Auf die Experience kommt es an
    Bernd, ich bin mir ganz sicher, du möchtest so etwas kommentieren!

    Na ja, es ist interessant, wie parallel die inhaltliche Agenda ist. Dinge, die man als Händler vorher en bloc gemacht hat, muss man filetieren, herausschälen. Als Händler hat man unter der eigenen Haube Dutzende von Services, die man für den Kunden integriert hat. Und dann stellt man fest: Das sind ja alles Dinge, die nicht nur wir intern brauchen können, sondern auch andere Kunden. Da kommt man auf Dinge wie den Zahlprozess (den wir im Moment auch am Wickel haben), die Zahlungslizenz, Single Creditor – so heißt es im Einkäufer-Slang, wenn die Buchhaltung nur noch einen Kreditor hat und nicht mehr viele Zahlungsempfänger und Rechnungsstellen verwalten muss. Im B2B geht es nicht so sehr um die Experience beim Paket-Öffnen, sondern es geht um die Prozess-Experience. Es geht genau um die gleichen Themen. Aber worüber der Kunde sich in der Bequemlichkeit freut, freut sich ein Unternehmen im Prozesskontext über effiziente Prozesse. Aber interessanterweise kommt es auf die gleichen Themen raus! Das ist total interessant zu sehen.

    T.B.: Persönlich, fair, inspirierend, nachhaltig: Veränderung beginnt bei uns
    Werte wie Fairness, Menschlichkeit oder Transparenz prägen das Miteinander sowohl bei Otto als auch bei Mercateo. Wie ein Unternehmen mit seinen Mitarbeitenden umgeht, strahlt auch immer auf den Umgang mit externen Partnern ab. Eine Frage an euch beide: Warum glaubt ihr, dass sich eine Plattform Werte geben sollte? Und welchen Preis sind eure Unternehmen bereit „zu zahlen“, um diese Werte auch einzulösen?

    Das ist wirklich spannend! Erst mal die Frage: Wo kommt das bei uns her? Wir sind ein familiengeführtes Unternehmen, welches 1949 von Werner Otto gegründet wurde. Heute sind die Strukturen so, dass Familie Otto natürlich noch Eigner der Otto Group ist und uns immer noch auch etwas vorgibt, so als Light-Version, wo wir gemeinsam hinwollen. Das ist bei uns: „Responsible commerce that inspires.“ Um das zu übersetzen, unsere Markenwerte von Otto waren auch immer schon persönlich, fair, inspirierend und vor allem nachhaltig zu sein. Und wenn du jetzt fragst: Wo tut das weh? An allen Ecken und Enden! Wir haben gerade eine TV-Kampagne draußen. Sie beschreibt ziemlich gut, was auch quasi für uns Mitarbeiter immer gerade die Herausforderung ist: Veränderung beginnt bei uns. Und wenn wir sagen, wir wollen jetzt nachhaltiger sein oder wir werden fairer oder persönlicher sein, dann sind das ganz häufig Dinge, die man gerade in der Businesswelt versucht, irgendwie immer effizienter zu gestalten. Wie Bernd schon gesagt hat, mit Technologie, mit KI kann man eine ganze Menge machen. Man könnte viel Kontakt automatisieren. Was wir aber versuchen, in die Zukunft zu tragen, ist diesen persönlichen Kontakt zu unseren Kunden und dann hinterher auch zu gewährleisten. Wenn man heute bei uns anruft, geht keine Computerstimme ran, sondern man landet wirklich immer innerhalb sehr kurzer Zeit beim echten Menschen. Und das ist etwas, was wir auch in die Zukunft tragen wollen, wenn wir wachsen. Das sind aber, wenn man heute mit Menschen plant, auch wieder Kosten – und Kosten tun einem Unternehmen weh. Das ist Punkt eins.

    Das Zweite ist, wenn wir über nachhaltige Aspekte sprechen … Also wir versuchen, die Versandtaschen aus nachhaltiger Plastik zu machen. Wir haben gerade einen Versuch am Laufen, Plastik aus der Umwelt zu recyceln, zum Beispiel in Versandtüten umzuwandeln. Aber wenn wir das nicht nur für Otto tun, sondern es auch Partnern zur Verfügung stellen, dann bedeutet das, dass diese Werte und diese Haltung auch gegenüber Partnern vertreten werden müssen. Und da sind wir wieder plötzlich beim Menschen und gemeinsam Verändern. Und das ist ein Prozess, in den wir eingestiegen sind, wo wir auch mit Partnern in Diskussion sind und auch viel Anklang finden. Auf der anderen Seite, wenn es darum geht, dass eine Veränderung auch mal Geld kostet, also quasi eine Veränderung basierend auf Werten, weil wir sagen, wir wollen das so, dann tut das auch einem Partner manchmal weh. Aber wenn wir versuchen, auf Augenhöhe zu kommunizieren, in einen konstruktiven Dialog zu gehen, dann kriegen wir Verständnis dafür. Wir haben auch Werte, die wir als Otto schon immer umgesetzt haben, wo wir zum Beispiel sagen, wir möchten beispielsweise kein Echtfell verkaufen, oder Daunenjacken aus Lebendrupf, wo Tiere gequält werden. Das bedeutet aber ganz häufig, dass wir Produkte nicht im Shop haben, die im Markt extrem angesagt sind. Es gibt ein paar Marken, die irgendwelche sauteuren Jacken angeboten haben. Dann kommen Kunden zu uns, geben diese Marke in die Suche ein, suchen vielleicht eine ganz spezielle Jacke, und wir haben sie nicht. Das ist etwas, was wir „Null-Treffer-Suche“ nennen. Vielleicht geht dieser Kunde weg, und das sind auch Dinge, die für uns wehtun, weil wir keinen Sale generiert haben, aber wo wir gleichzeitig sagen: Das sind Werte, für die wir stehen, denn es geht nicht nur um Nachhaltigkeit – es geht darum, wie wir mit der Natur umgehen und in was für einer Welt wir zukünftig leben wollen. Und genau da den konstruktiven Dialog zu führen, das ist etwas, wo wir schon seit Jahren dabei sind. Wir versuchen immer mehr Partner zu gewinnen, aber jetzt durch das Öffnen kommen noch für noch mehr Partner in intensivere Diskussionen.

    B.S.: Langfristig erfolgreich durch Beziehungen, Fairness und Nachhaltigkeit
    Warum glaubst du, Bernd, dass sich eine Plattform Werte geben sollte? Und welchen Preis ist auch Mercateo bereit zu zahlen, um diese Werte einzulösen?

    Die Frage ist: Was will man erreichen? Ja, die Werte. Wenn man Leute und auch Unternehmen nach Werten fragt, würden die meisten Fairness sagen. Kaum ein Mensch behauptet, er sei per se unfair. Und Unternehmen würden noch weniger sagen: Wir sind ein besonders unfaires Unternehmen – das macht sich einfach nicht so gut! Also können wir hier Unternehmen zuhauf erleben, die sagen: Ja, unser Wert ist Fairness. Aber wenn ich jetzt mal auf Otto schaue, als altes Familienunternehmen, ich stecke zwar nicht tief drin, aber das strahlt nach außen aus, das hier wirklich langfristig gedacht wird, dass in Mitarbeiter investiert wird. Und das erlebe ich dann auch als Kunde. Es hat eine Glaubwürdigkeit. Es gibt auch manche Unternehmen, die sagen, unsere Werte sind Fairness und so weiter, aber so erlebe ich das nicht. Da ist zwischen Anspruch und Wirklichkeit einfach ein Unterschied. Was uns betrifft: Wir haben solche Themen – zum Beispiel, dass wir als Plattform nachhaltige Geschäftsbeziehungen im B2B fördern wollen.

    Und ich kann sagen, dass wir tatsächlich dafür bereit sind, einen Preis zu zahlen. Also in vielen Gesprächen sind Leute erstaunt, welche Entwicklungsmöglichkeiten wir links und rechts der Straße in diesem konventionellen Marktplatzgeschäft liegen lassen als Mercateo und Unite. Aber wir ranken zum Beispiel im Suchergebnis. Ich habe vorhin von diesen Geschäftsbeziehungen gesprochen, die wir da versuchen auf der Plattform Unite zu fördern. Und wenn wir Kunden haben, die diese Vernetzung nutzen, sie suchen nach einem Produkt, haben sich im Netzwerk ein paar Geschäftspartner freigeschaltet, und wir vom Marktplatzangebot her könnten jetzt auch das gleiche Produkt ohne spezielle Rundherum-Leistungen anbieten, würden dort aber eine höhere Marge selbst verdienen, ranken wir standardmäßig unser Angebot – wenn der Kunde es sich nicht anders von uns gewünscht hat – tiefer im Suchergebnis. Wir ranken die Themen, wo jemand einen Geschäftspartner hat, grundsätzlich höher, weil wir davon ausgehen, wenn er mit jemandem zusammenarbeitet, dass er mit zum Beispiel diesen Maschinengewindeschrauben oder tausend anderen Dingen zusammen mit seinem Geschäftspartner mehr herauskitzeln kann, als wenn er einfach anonym einen Massenmarktplatzartikel bestellt. Da kann man sagen, da bezahlen wir jeden Tag heute einiges an Geld, weil wir mehr verdienen könnten, wenn wir alles ranken würden.

    Aber durch die langfristige Brille auch für unser Unternehmen geschaut, bin ich überzeugt, dass wir durch diese Werte, indem wir hier zu Beziehungen stehen, indem wir zu Fairness stehen, indem wir zur Nachhaltigkeit stehen, selber als Unternehmen, nicht heute mehr verdienen, aber in der Zukunft – weil wir unser ganzes Geschäftsmodell darauf optimieren, weil wir dran glauben, dass Nachhaltigkeit, Fairness, Mensch-im-Mittelpunkt insgesamt ein riesiges Potenzial hat und darauf setzen, dass uns dann nicht irgendwie unser Geschäftsmodell demnächst kaputt gehen wird, sondern dass es immer größer wird. Und deshalb sehe ich nicht durch die Brille des bezahlten Preises, auch wenn es sich in der Quartalsbilanz vielleicht so deuten lässt.

    T.B.: Der Nutzen der Plattformteilnehmenden steht im Fokus
    T.B.: Ich finde es total spannend, was du da gerade sagst, weil das immer wieder vorkommt: Wie gehen wir mit Convenience um – auch mit unserer eigenen? Wie gehen wir mit dem Nutzen auch um, den wir erzeugen wollen? Du sagst ja eigentlich nichts anderes als: Man stellt den eigenen Nutzen für den Nutzen des Platform-Teilnehmers zurück. Und genau das ist etwas, wo wir alle gemeinsam dran arbeiten können. Denn gerade auch im B2C-Geschäft geht es darum, den schnellen, einfachen Nutzen bereitzustellen. Aber, Bernd, was du ja gerade sagst: Es ist auch einen langfristigen Nutzen für uns alle zu erzeugen. Und ich denke, das ist auch etwas, wo wir uns in Europa und auch gerade als deutsche Plattform-Unternehmen im internationalen Wettbewerb abgrenzen können. Natürlich merken wir, dass andere Unternehmen hier schneller einen Nutzen erzeugen können und der Nutzen kann manchmal auch ein günstigerer Preis sein. Aber wenn wir langfristig mal schauen, was uns alle betrifft: Wie gehen wir mit der Welt um, wie gehen wir mit den Menschen um, wie gehen wir mit unserer Gesellschaft um? Und dann denke ich, dass die Perspektive uns langfristig – und da stimme ich Bernd vollkommen zu – deutlich mehr helfen wird, als wenn wir nur auf die kurzfristige Nutzenmaximierung der Einzelnen setzen.

    B.S.: Es ist auch eine philosophische Frage. Man muss da einfach sagen: Woran glaubt man? Ja, es kann sein, dass im Wettbewerb der schnelle Euro immer gewinnt. Ich glaube nicht dran, weil dann geht unsere Welt kaputt und am Ende ist gar nichts mehr zu verdienen. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen und deshalb setze ich auf die andere Karte. Es macht sowieso mehr Spaß an so einer Zukunft zu arbeiten als an der anderen. Und ich glaube, wir haben da in Europa eine extrem gute Ausgangsbasis. Auch wenn man sagt, wir sind technologisch abgehängt, kann ich mir vorstellen, dass wir für die nächste Epoche gut ausgerüstet sind. Wenn wir uns selbst da vertrauen und bereit sind, festzuhalten an dem, woran wir glauben, dann glaube ich, dass wir damit einen Exportartikel generieren können, wirtschaftlich gesehen.

    T.B.: Beeindruckend bei Mercateo: Kommunikation orchestrieren, Transparenz schaffen und Nutzen für alle maximieren
    Mal angenommen, ihr könntet einige Zeit für die jeweils andere Plattform arbeiten, was würdest du, Tim, spannend an Unite finden? Und wofür würdest du, Bernd, dich bei Otto interessieren?

    Ich finde das eine extrem spannende Frage. (Ich glaube, das ist gerade mein erster Satz nach jeder Frage, die du stellst. Du stellst echt gute Fragen, Katrin!) An dieser Stelle würde ich sagen, was ich extrem spannend an den Ausführungen von Bernd gerade fand, ist, dass es bei euch auch im Plattformkontext ganz häufig darum ging: Wie orchestriere ich Kommunikation untereinander, also zwischen den Plattformpartnern, und wie erhöhe ich als Plattformunternehmen genau entlang dieser Kommunikation den Nutzen für die Teilnehmer? Wir als Otto sind da etwas im Kontext Matchmaking etwas zentralisierter unterwegs. Also Kund*innen kommunizieren bestmöglich mit uns, um dann hinterher ein Erleben zu bekommen; es geht weniger um den Kontakt unter Kund*innen. Also das haben wir natürlich an der Stelle, wenn es mal um Productbewertungen geht oder ähnliches, dass Nutzer für Nutzer Werte generieren, indem sie sagen, dieses Produkt hat folgende Funktion, das funktioniert extrem gut, und wir dann versuchen entlang dieser Produktbewertungen den Nutzen zu maximieren, indem wir sie durchsuchbar machen oder ähnliches. Aber was ihr angesprochen habt, da geht es um sehr spezifische individuelle Kommunikation. Wie kann man so etwas begleiten? Wie kann man so etwas messbar machen? Wie kann man Interaktion mit euch zwischen diesen Partnern transparent machen und vereinfachen und dadurch den Nutzen maximieren? Das finde ich einen sehr, sehr spannenden Aspekt, für den ich sofort gerne mal zu euch kommen würde, Bernd!

    B.S.: Spannend bei OTTO: Schnelllebigkeit und soziale Dynamik
    B.S.: Das wäre cool! Ich finde das auch superspannend. Das sind harte Nüsse, die du da gerade angesprochen hast. Das sind echt sauspannende Themen: Wie kann man die Kommunikation fluider machen? Super! Willkommen – allein schon um mal reinzuschnuppern! Die Tür ist immer offen, auch wenn ich verstehe, ich habe bei Otto genug zu tun! Du hast ein Thema angesprochen, was superspannend ist. Das kann ich nur bestätigen. Umgekehrt, ich bin bei B2B gelandet, weil es natürlich schon etwas mit Rationalität zu tun hat, es ist auch etwas, wo wohl eine Langfristigkeit schon auch im Denken der Marktteilnehmer dabei ist – das ist jetzt bei Consumern nicht so der Fall. Und das finde ich unglaublich herausfordernd. Ja, „fast-moving consumer goods“ – das ist nicht das, was wir hier machen! Aber dieses Social Selling, diese unglaubliche soziale Dynamik, das potenziert sich ja dauernd. Es wird ja immer krasser. Ja, und ihr müsst da drinnen navigieren. Das ist ein Thema, das wir so nicht haben. Mich würde es interessieren, wie man dem überhaupt gerecht werden kann.

    T.B.: Ja, das ist echt spannend, weil du ja auch genau einen sehr komplexen und relevanten Punkt ansprichst: Die Anzahl der Kanäle, über die Kunden mit uns sprechen wollen, die Anzahl der nicht nur Kanäle, sondern auch der Formen: zum Beispiel per Sprache, per App, usw. Und wenn ich Sprache sage, es ist ja nicht nur der Anruf bei uns im Relations Center, sondern hinterher auch so etwas wie Voice-Commerce. Heutzutage sind die sprechenden Lautsprecher – oder die zuhörenden Lautsprecher – fast in allen Wohnungen. Wie reagieren wir da drauf? Und genau da mal wieder den richtigen Kontaktpunkt zu finden, aber auch mit den richtigen relevanten Inhalten Kund*innen dort zu erreichen, wo sie unterwegs sind. Und sie verbringen nun mal mehr Zeit in sozialen Netzwerken. Bernd, die Türen stehen dir jederzeit gerne offen. Lass uns mal im Nachgang sprechen, wie wir das gestalten!


    Mercateo Insights

    Was bringen Plattformen im B2B? Mercateo Vorstand Dr. Bernd Schönwälder erklärt den Mehrwert ausführlich im Gespräch mit OTTO. Wir haben die wichtigsten Punkte zusammengefasst.

    B2B News


    Mercateo Initiativen

  • Wie die Mercateo Plattform eine nachhaltige Beschaffung ermöglicht
  • Im Gespräch haben Tim Buchholz und Bernd Schönwälder klar gemacht, dass ihre Plattformen auf Werte setzen. Vor allem Nachhaltigkeit gewinnt im Business-Alltag an Bedeutung. Mercateo möchte es Einkaufsentscheider*innen einfacher machen, nachhaltig zu beschaffen. Die Herausforderung besteht darin, für jede Bestellung einzelne Artikel und Lieferanten hinsichtlich Nachhaltigkeitskriterien zu bewerten. Unsere Initiative „verantwortungsvoll einkaufen“ nimmt Ihnen diese Arbeit ab und bietet Ihnen grüne Kataloge von nachhaltigen Anbietern. Hier erfahren Sie mehr.

    Die nächste Folge des B2B-Radar erscheint am 10.06.2021.

    Wir sind interessiert an Ihren Themen

    Welche Themen möchten Sie in der nächsten Zeit hier lesen?

    Ihr Themenwunsch



    Sie haben darüber hinaus Anregungen, Vorschläge oder Kritik? Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung an radar@mercateo.com und gehen gerne in unseren künftigen Beiträgen drauf ein.


    Mercateo Newsfeed - Bleiben Sie informiert!

    Sie möchten informiert werden, wenn es hier etwas Neues gibt? Abonnieren Sie den Mercateo Newsfeed! Auch über Veranstaltungen, Vorträge, Presseartikel, Webinare oder Internes halten wir Sie per RSS-Feed auf dem Laufenden. Hier anmelden.